Ich habe Lust auf ein Schrauber-Projekt gehabt, das ich den Winter über als Kindertaxi nutzen kann um so den T5 vor Winter-Kurzstrecken zu schonen. Es sollte eher ein kleinerer Stadtflitzer sein, weil wir mit dem Bus genug Platz haben wenn wir es brauchen. Nach dem Winter kann der Stadtflitzer wieder verkauft werden und/oder durch ein neues Projekt ersetzt werden. Also habe ich erstmal den Gebrauchtwagenmarkt beobachtet. Dabei hatte ich besonders Augenmerk auf VAG Autos, da ich schonmal ein VCDS habe und ich ungern mehr „Spezialwerkzeug“ rumliegen haben möchte. Mit der Zeit und viel Einlesen hat sich der Golf 4 Benziner als sehr geeignet herauskristallisiert. Überaus solide und wenn man die unbeliebten 1.4er nimmt, sehr billig. Die Standard-Ersatzteile kosten auch fast nix. Ich hatte mir ein 1.4er Variant Bauernauto angeschaut, dass ich wegen des Zustands innen nicht wollte und ein 2.0er Variant, der wegen eines Kaputten KAT dann doch wieder zu teuer wäre. Ein 1.4er Schrägheck mit 210k km kam mit dann über den Weg, der mich mehr interessierte. Die Besichtigung war dann im strömenden Regen, was mich leider ein paar Dinge übersehen lassen hat. Auf jeden Fall ein Auto, an dem ich schrauben konnte.
- ’99er 1.4er AKQ mit Austauschmotor nach 30k km
- Getriebe wurde offensichtlich auch getauscht DUW -> MHH
- Durchgerostete Schweller, Reparaturblech war aber schon vorhanden
- HU seit fast einem Jahr abgelaufen
- Bremsen vorne relativ neu, hinten fast komplett runter und rostig
- Generation Austattung, gut abgenutzt.
- Wegen des Regen und weil er über ein Jahr rumstand, miefte es drinnen
- Fetter Aufkleber „Boggwurschd“ auf der Heckscheibe – deswegen Bocki
Ich habe dann noch runter gehandelt und mich um die Abholung mit Kurzzeitkennzeichen gekümmert. Das Kurzzeitkennzeichen galt von Freitag bis Mittwoch. Am Freitag hats dann wieder gegossen. Nach einer Probefahrt den Kauf durchgezogen und so wie es erlaubt ist direkt zur HU. Die Mängelliste war dann leider seeeehr viel länger als erhofft, aber nur Kleinigkeiten und kein Show-Stopper dabei. Trotzdem riesen Stress den ganzen Kleinkram bis Mittwoch fertig zu bekommen um nicht erneut ein Kurzzeitkennzeichen zu brauchen. Also erstmal die nötigen Teile bestellt. Damit das bis zum Mittwoch klappt, habe ich Zweigleisig über einen seriösen Händler und über Amazon Prime bestellt. Der Zeitdruck hat mich dazu verleitet und was zuerst kam wurde eingebaut. Bis die ersten teile kamen, konnte ich ja schonmal die Bleche einschweißen.
Schweißarbeiten
*Zeitsprung 2 Wochen vor dem Kauf* Ich habe bis zu diesem Zeitpunkt noch nie geschweißt. Ich hatte die Theorie im Studium, das dazugehörige Praktikum aber verpasst. Ich habe mich zusätzlich viel eingelesen aber null Praxiserfahrung. Ich hab mir trotzdem ein Fülldraht-Schweißgerät besorgt und etwas probiert. Ich habe mir extra eins geholt, an dem ich später doch mal eine Schutzgas-Pulle anschließen kann. Die ersten Tests waren dann sehr gemischt. Nähte ziehen habe ich gar nicht groß probiert, ich wollte ja erstmal nur TüV-gerecht Reparieren, also habe ich mich auf die Lochpunkt-Naht eingeschossen und mal hats geklappt und mal hat es gar nicht gehalten. Ich bin dann auf den Trichter gekommen, dass nicht alle dünnen Stahlbleche in meiner Restekiste dafür taugen und die, die es tun, haben dafür wunderbar funktioniert. So auch später das Schweller-Reparaturblech, dass ich bei einem Test anschließend nicht wieder voneinander gelöst bekommen habe. Da ich bisher ausschließlich Dünnblech schweißen wollte, habe ich extra dünnen Fülldraht in 0,6mm besorgt. *Zeitsprung zurück*
Den Wagen habe ich so weit ich mich getraut habe aufgebockt. Die Kotflügel habe ich abbekommen aber die Türen mussten wegen dem Kabelbaum drin bleiben. Die Türen habe ich mit Baumwollhandtüchern abgeklebt. Die durchgerosteten Schweller-Enden dann erstmal großzügig rausgeflext, gesäubert und entlackt. Beim zurechtschneiden vom Reparaturblech habe ich mich dann noch vertan und das Reparaturblech reparieren müssen. Das Blech habe ich nicht abgesetzt. Ich habe nur gelocht und den Übergang später gespachtelt. Vor dem zusammenschweißen wurden alle blanken Bleche als Korrosionsschutz mit INOX-Spray/Schweißprimer behandelt und alle umliegenden Flächen und der Schweißbrenner zum Schutz mit Schweiß-Tennspray. Fülldrahtschweißen verursacht echt viele Spritzer die sonst überall hängen bleiben.
Nachdem ich die erste Seite geschweißt hatte, hatte ich ganz schöne Lungenprobleme. Zum einen sind die Dämpfe beim Schweißen sau ungesund und zusätzlich hat es den Lack und noch vorhandenen Unterbodenschutz immer mal angesenkt. Ich hatte zwar an der frischen Luft gearbeitet, aber unter dem Auto gibt es nicht genug Luftzug um die Dämpfe schnell genug wegzutragen. Auf der anderen Seite hatte ich mir dann mit einem Ventilator beholfen und mir mehr Zeit gelassen, damit die Dämpfe weggepustet werden können.
Das gewinnt kein Schönheitspreis, aber das hält. Da der Rost schon mehr als das Außenblech vernichtet hatte, hatte ich noch dahinter ein paar Streifen dran getackert. Vorn am Übergang zum Kotflügel musste noch ein Blech eingepasst werden, dass ich anschließend mit SIKA abgedichtet habe. Dort sammelt sich hinterm Radkasten immer der Dreck der von oben reinrutscht, Feuchtigkeit bindet, Rost verursacht und schließlich die Schweller-Enden weggammelt.
Dann etwas geschliffen, wieder gesäubert und dann gespachtelt.
Dann geschliffen, wieder gesäubert und überlackierbaren Unterbodenschutz drauf.
Das muss dann ewig trocknen. Ich habe, glaube ich, einen ganzen Tag gewartet um sicher zu gehen und dann lackiert.
Der Lack ist nicht „metallic“ genug, daher sieht man einen leichten Unterschied beim genauen hinschauen. Mit einer Hohlraumversiegelung bin ich noch durch die Entsprechenden Stopfen von unten in den Schweller rein. Insgesamt ist die Schwellerreparatur aber ein voller Erfolg. Der TüV war immerhin auch zufrieden.
Diverse Kleinigkeiten
Bei der Besichtigung konnte man noch die Motorhaube öffnen und die ist durch den Gasdruckdämpfer oben geblieben. Beim Abholen ging das dann schon nicht mehr. In der Woche ist der Dämpfer gestorben. Bei der HU hat der Prüfer mit einem Besenstiel die Haube offen gehalten. Den Dämpfer habe ich als erstes gewechselt, auch wenn der nicht in der Mängelliste stand.
Es wurde bei der HU bemängelt, dass die Servoleitung korrodiert ist. Ich hatte mich entschieden nur auszubessern. Also Rost weggebürstet, saubergemacht und mit Unterbodenschutz drüber. Fertig
Der Spurstangenkopf rechts hatte eine gerissene Gummimanschette. Die zu ersetzen geht schwer und der ganze Kopf kostet neu 13€.Ich habe einen neuen einbauen wollen. Den alten runterzubekommen war dann erstmal eine Qual, bis ich mich entscheiden habe ihn rauszuflexen.
Bei der HU wurde eine zu große Differenz bei der Bremskraft der Vorderachse festgestellt. Maximal zulässig sind 25%, ich war leider bei 25,2% (das muss man sich leider erst selbst ausrechnen). Beide Bremsen waren allerdings von der Bremskraft her noch gut. Ich habe mich daher entschieden, die schwächere beider Bremsen gängiger zu machen, indem ich den Bremskolben fette und mehrmals zurückstelle. Das war dann auch ausreichend, vorne lag die Differenz bei 21% und der TüV Mann war zufrieden. Die hinteren Bremsen mussten neu und dabei ist tatsächlich mal gar nix schiefgelaufen.
Die vorderen Bremsschläuche waren rissig also hab ich die ersetzt. Da war jetzt schön viel Luft im System, und anstatt nur zu Entlüften wollte ich gleich die wer weiß wie alte Bremsflüssigkeit wechseln. Für 32€ ein billiges Überdruck-Wechselgerät besorgt und los geht’s. Vorne zum Glück kein Problem. Hinten hat das aber gar nicht funktioniert, weil ich die Entlüfterschrauben nicht aufbekommen habe. Bevor ich die kurz vor der Wiedervorstellung beim TüV abreiße, habe ich das entlüften hinten vertragt.
Die Stabigummis vorn musst ich auch tauschen. Das ging schon ganz OK, geht aber ganz schön auf die Finger.
Beim Besichtigen vom Auto war mir schon aufgefallen, dass die Bremsleuchten rechts nicht gehen. Beim genauen hinschauen hat der TüV noch ein paar weitere Leuchten gefunden. Also bestellt, eingebaut, geht immer noch nicht… Beim Kabel zum vorderen rechten Standlicht habe ich ein abisoliertes Kabel gefunden. Das habe ich neu isoliert und die Sicherung davon ersetzt. Damit gingen dann plötzlich auch wieder die alten Birnen für die Bremsleuchten hinten. Beim Golf 4 sind die Birnen der linken und rechten Fahrzeughälfte auf jeweils eine Sicherung geklemmt. Musste wissen…
Preisliste
Da ist nun doch ganz schön viel Kleinkram zusammengekommen. Ich habe alle Kosten, inkl. der Inspektions-Kosten aufgeführt. Da Zahnriemen und Kupplungstausch für mich aber einen eigenen Beitrag verdienen, schreibe ich dazu separat etwas. Für insg. 1500€ einen voll durchreparierten Golf 4 zu haben ist schon ganz nett.